Gastbeitrag von Dr. Nikola Klün (@kinderleibundseele) - Ärztin in der Kindermedizin und Ernährungsmedizinerin
Würgen vs. Ersticken
Die Angst vor dem Ersticken ist bei vielen Eltern groß. Schließlich ist es ganz ungewohnt, dass das eigene Kind nun anfängt zu essen und man hat noch keine Erfahrungen damit gemacht. Aspirationskurse werden gemacht, um im Fall der Fälle besser gewappnet zu sein. Nahrungsmittel mit Verschluckungsrisiko werden babygerecht zubereitet. Sprich: das Bewusstsein für Erstickungsereignisse hat sich verbreitet, was wunderbar ist. Mit dem Bewusstsein gehen aber auch mancherlei Irrtümer einher, auf die nun genauer eingegangen werden soll. Vielen Eltern ist der Unterschied zwischen Würgen und Ersticken nicht klar. Dabei sind die zwei völlig verschiedenen Mechanismen mit unterschiedlichen Funktionen. Würgen ist ein Schutzmechanismus, der dafür sorgt, dass keinerlei Nahrung in der Luftröhre landet. Durch diesen Reflex wird ein Schutz vor dem Ersticken sichergestellt. Ausgelöst wird er durch das Berühren der Nahrung mit dem Zungengrund und dem weichen Gaumen.
Würgen als Reflex schützt vor Ersticken
Bei Babys ist dieser Reflex nicht nur ausgeprägt, sondern er wird zusätzlich auch durch den vorderen Teil der Zunge ausgelöst. Mithilfe des Reflexes transportiert dein Baby übrigens die Nahrung von Richtung Gaumen nach vorne zu den Zähnen und unterstützt es dabei, sich eben nicht zu verschlucken. Es ist deswegen völlig normal, dass dein Baby würgt, am ehesten bei ungewohnten oder herausfordernden Lebensmitteln. Obwohl das Würgen für dich beängstigend aussehen mag, ist es also ein völlig normaler Schutzreflex. Würgen hat übrigens nichts mit Abneigungen gegen bestimmte Lebensmittel zu tun.
Es ist viel wahrscheinlicher, dass dein Baby von der Konsistenz der Nahrung überfordert wurde. Du darfst das besagte Lebensmittel also wieder anbieten, vielleicht das nächste Mal ein wenig weicher und dann eine Zeit lang bei dem Konsistenzlevel bleiben, welches dein Baby zunächst gut toleriert. Mit der Zeit wird der Würgereflex weniger werden.
Beim BLW ist Würgereflex am Anfang häufiger bemerkbar
Wenn du dein Baby nach dem Baby-led Weaning Weg ernährst, wird sich der Würgereflex eventuell häufiger bemerkbar machen. Dein Baby muss sich an die verschiedenen Herausforderungen gewöhnen. Wenn dein Baby den Würgereflex zeigt, hast du also nichts falsch gemacht. Er ist unvermeidbar.
Würgen äußert sich oft ganz typisch. Die Luftwege deines Babys sind frei, es macht ein Geräusch wie Husten, Würgen, Weinen und wird dabei ganz rot, manchmal muss es sogar erbrechen. In dieser Situation solltest du NICHT eingreifen, denn keine Maßnahme ist so effektiv wie der Hustenreflex des Kindes.
Im Gegensatz dazu sind beim (Beinah-)Ersticken die Luftwege blockiert, was dazu führt, dass dein Baby ein keuchendes oder gar kein Geräusch mehr von sich gibt. Das Gesicht wird dabei blass, dein Baby bewegt sich kaum. Ein Lebensmittel ist vor die Lunge oder vor die Stimmlippen gelangt. Jetzt solltest du unbedingt eingreifen: Ruf Hilfe! Ist dein Kind noch bei Bewußtsein, verabreiche 5 feste Schläge auf den Rücken.
Babys und Kleinkinder haben ein höheres Risiko für Erstickungsunfälle, denn der Schluckreflex ist nicht ausgereift. Du kannst aber vieles tun, damit dein Baby/Kleinkind ein solches Ereignis nicht erleben muss: lass es aufrecht sitzen beim Essen, sorge dafür, dass es nicht abgelenkt ist und gut kaut. Bestimmte Lebensmittel wie Nüsse, harte Süßigkeiten prallrunde Obst- und Gemüsesorten führen besonders häufig zu (Beinah-)-Erstickungsunfälle und sollten deswegen nicht oder nur babygerecht angeboten werden. Dein Baby/Kleinkind sollte nie unbeaufsichtigt essen.
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